1. Juni
In der Musik, im Ozean, in einer Blüte, in einem Blatt, in einer
freundschaftlichen
Geste - in all diesen Dingen sehe ich das, was die Menschen "Gott" nennen.
Pablo Casals
Unser dritter Schritt sagt uns etwas über "Gott", wie wir ihn verstehen.
Wir haben viele Möglichkeiten, zu unserer Höheren Macht und zu spirituellem
Erwachen zu gelangen. Jeder Baum, jedes Blatt an diesem Baum, das im Winde
raschelt, ist ein Ausdruck für die Existenz Gottes in unserem Leben.
Wenn ein Vogel über uns seine Kreise zieht oder wenn er sich an einem
Vogelhäuschen mit Futter versorgt, so besucht uns mit ihm das Göttliche.
Wenn sich am Himmel ein Wetter zusammenbraut, wenn es blitzt und donnert,
werden wir Zeugen einer Macht, die gewaltiger ist als wir selbst und die
alle Zeiten überdauert. Kunstwerke, die von Menschen geschaffen wurden,
zeugen von deren Mut, über sich selbst hinauszuwachsen. Wenn wir einer
Melodie, einem musikalischen Kunstwerk lauschen, spüren wir förmlich den
Geist, der durch die Musik zu uns spricht. Ein Kind malt ein Bild und
verschenkt es. Ein Nachbar kommt dir zu Hilfe, wenn dein Auto nicht anspringt.
Den Mann hinter der Theke behandelst du wie einen wirklichen Menschen.
Welches Wort wir auch für "Gott" verwenden - wir finden ihn in allen Einzelheiten
unseres Lebens, wenn wir offen und empfänglich sind. Spirituelles Erwachen
ereignet sich jeden Tag in wunderbarer Weise.
Gott, öffne meine Sinne,
damit ich deine Gegenwart besser wahrnehmen kann!
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2. Juni
Denk daran: Ihr seid zwei verschiedene Wesen. Mann und Frau können
sich nicht wirklich vereinigen.
Pierre Mornell
In unserer Beziehung zu Frauen lassen wir uns oft von Bedürfnissen
leiten, die niemand erfüllen kann. Unsere Blindheit für das andere Geschlecht
behindert uns. Vielleicht wollen wir uns in romantischer Nähe verlieren,
so wie wir uns in Abhängigkeit - oder indirekter Abhängigkeit - verloren
haben. Wir sind verletzt und verärgert, wenn sich das Unmögliche nicht
verwirklichen läßt. Oder wir sehen nicht ein, daß eine Frau anders reagiert
als ein Mann. Der Dialog zwischen den Geschlechtern ist so alt wie die
Menschheit. Die Beziehung zwischen Mann und Frau wird immer eine Mischung
aus Faszination, Geheimnis, Enttäuschung und neuem Verständnis sein. Wenn
wir einmal erkannt haben, daß wir nicht mit unserer Partnerin verschmelzen
können, daß wir sie nicht vereinnahmen können und umgekehrt auch sie uns
nicht vereinnahmen kann, gelingt es uns, einer Frau als einem eigenständigen
Wesen zu begegnen. Das macht unsere Beziehungen um vieles friedlicher
und stabiler.
Ich danke Gott für die Unterschiede.
Ich will mehr darüber lernen und sie annehmen.
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3. Juni
Fast alles, was du tust, ist letzten Endes unwichtig.
Aber es ist sehr wichtig, daß du es tust.
Mohandas Gandhi
Welche Zeichen des Wachstums können wir erkennen, wenn wir auf den
gestrigen Tag zurückblicken und den heutigen betrachten? Wahrscheinlich
sehen wir keine großen Fortschritte. Es ist manchmal verblüffend, wie
wenig ein Mensch an einem Tag schaffen kann. Aber welche anderen Möglichkeiten
haben wir? Doch nur die, alles bleibenzulassen und gar nichts zu tun!
Oder was noch schlimmer wäre: Wir könnten in unser altes Verhaltensmuster
zurückfallen.
Gandhi, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Welt, sagte einmal,
daß seiner Meinung nach fast alles, was der Mensch tun kann, unbedeutend ist.
Und doch sei es sehr wichtig, etwas zu tun. Jeder Tag ist kurz, jede Chance
gering, aber beide führen uns in eine Richtung. Wenn wir auf den letzten
Monat oder auf das vergangene Jahr zurückblicken, wird uns vielleicht
klar, daß uns allein die tägliche Erfüllung unseres Programms schon sehr
viel weiter gebracht hat. Der Mensch, zu dem wir uns entwickeln, ist genauso
wichtig wie die Dinge, die wir in der äußeren Welt erreichen.
Ich bete um Geduld für die unbedeutenden Momente der Gegenwart.
Sie sind in Wahrheit sehr wichtig.
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4. Juni
Ich will dir danken, weil ich wunderbar gemacht bin.
Deine Schöpfung ist wunderbar, und ich weiß es wohl.
Psalm 139,14
An manchen Tagen fühlen wir uns nicht wohl in unserer Haut. Vielleicht
gibt es keinen triftigen Grund dafür, vielleicht ist es nur eine Laune.
Launen sind Überbleibsel aus unserer Vergangenheit. Vielleicht aber fühlen
wir uns schuldig, beschämt oder verletzt und sind unzufrieden mit uns
selbst und der Welt.
Dann ist es an der Zeit, daß wir uns unserer Höheren Macht zuwenden. Wir
sind Kinder des Universums. Wir werden geliebt. Unser Schöpfer hat uns
mit einem großartigen Potential und wunderbaren Gaben ausgestattet. Heute
können wir uns von unserer Höheren Macht leiten lassen. Wenn wir uns nach
außen hin öffnen, werden wir die Anwesenheit Gottes in der Begegnung mit
anderen Menschen spüren. Wir brauchen nichts vorantreiben. Wir müssen
nur um innere Offenheit beten, so daß wir die Liebe Gottes spüren können.
Heute bitte ich darum, daß ich mein Vertrauen wiedererlange,
daß Gott mich liebt und mich niemals in Stich läßt.
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5. Juni
Wo keine Bewegung ist, herrscht Verfall.
"Das Gemisch im Becher zersetzt sich, wenn es nicht geschüttelt wird."
Heraklit
Die Zeiten des Übergangs und der Veränderung sind oft schmerzhaft und
manchmal sogar beängstigend. Tatsache ist jedoch, daß das Leben oft gerade
dann am beschwerlichsten ist, wenn wir Veränderungen vermeiden wollen.
Wenn wir zu sehr bemüht sind, Stabilität zu erlangen, können wir nicht
mit dem endlosen Fluß des Lebens schwimmen. Unsere Seele verkümmert. Jeder
von uns muß in seinem Leben Veränderungen bewältigen; manche schwelen
in Form einer stillen Herausforderung kaum wahrnehmbar unter der Oberfläche,
andere wiederum sind ganz offensichtlich, und wir müssen ihre Konsequenzen
tragen. Wenn wir in jeder Veränderung nur das Schmerzliche sehen, machen
wir uns das Leben nur schwerer. Zurückblickend erkennen wir in unserem
Leben Veränderungen, die wir von selbst nie angestrebt hätten. Jetzt müssen
wir einsehen, daß wir durch sie gereift sind. Die Veränderung hat uns
gezwungen, uns neue Gebiete zu erschließen und neue Seiten an uns zu entdecken,
die wir bis dahin nicht kannten. Welche Schwierigkeit und Veränderung
uns heute auch begegnen mag, wir können uns stets auf unser Programm verlassen.
Und wir sind in Kontakt mit unserer Höheren Macht, die uns immer zur Verfügung
steht.
Heute will ich versuchen, das Leben leichter zu nehmen,
damit ich mit dem Fluß des Lebens fließen kann.
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6. Juni
Worte und Zauber waren ursprünglich ein und dasselbe.
Auch heute besitzt das Wort eine starke magische Kraft.
Sigmund Freud
Wir nehmen unsere Erfahrungen durch die Worte vorweg, mit denen wir
sie beschreiben. Wortbilder schaffen Erwartungen, denen wir uns ganz natürlich
unterwerfen. Wenn jemand sagt: "Ich kann nicht", gibt er damit seinem
Unbewußten den Befehl, hilflos zu sein. Wenn jemand hingegen ein Ziel
anstrebt, kann er von sich sagen: "Es ist schwer, aber ich tue mein Bestes."
Wenn sich ein Mensch jedesmal, wenn er einen Fehler gemacht hat, beschuldigt:
"Du Idiot! Alles machst du falsch!", bringt er sich regelrecht bei, ein
Versager zu sein.
Es gehört zu unserer Verantwortung, uns selbst mit respektvollen und ehrlichen
Worten zu unterstützen. Wir dürfen uns nicht länger einer verächtlichen
und zynischen Sprache bedienen, denn unsere Sprache besitzt hypnotische
Wirkung auf uns selbst und auf unsere Mitmenschen.
Heute sollten wir daher unseren Talenten besondere Beachtung schenken
und sie uns einzeln vor Augen führen. Unseren Schwierigkeiten können wir
mit Stärke und Geduld begegnen, innerlich gefestigt durch unsere Höhere
Macht.
Heute will ich Bilder und Worte benutzen,
die meinen Respekt vor mir selbst und vor anderen zum Ausdruck bringen.
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7. Juni
Eine Abkürzung ist oft der schnellste Weg,
um an einen Ort zu gelangen, an den wir eigentlich gar nicht wollten.
Aus einem Kreuzworträtsel
Wenn wir es eilig haben, sind wir versucht, eine Abkürzung zu nehmen.
Die Urheber dieses Programms wußten, daß viele Menschen versucht haben,
einen leichteren, unbeschwerlicheren Weg der Genesung zu finden, weil
ihnen unser Programm zu hart und zu langwierig erschien.
Abkürzungen in unserem Wachstumsprozeß führen in eine Sackgasse. Viele
Menschen haben mit solchen Abkürzungen experimentiert. Sie versuchten,
ihr Verhalten mit den verschiedensten Begründungen zu rechtfertigen: "Eine
Ortsveränderung wird die Lösung bringen", oder "Ein anderer Partner wird
alles ändern", oder "Meine Devise ist: Abstinenz ohne den spirituellen
Teil des Programms", oder "Einen der Zwölf Schritte werde ich befolgen,
aber die anderen sagen mir wenig."
Der kürzeste Weg, um zu unserer eigenen Spiritualität zu finden, ist der
lange Weg, der vor uns liegt. Wahrscheinlich wünschen wir uns etwas Bequemeres;
doch die Lösung, für die wir uns entschieden haben, birgt die Chance in
sich, zu voller Männlichkeit zu erwachen.
Wir müssen immer nur einen Tag nach dem anderen bewältigen, eine Arbeit
erledigen, eine Herausforderung meistern oder ein klärendes Gespräch
führen. Unsere Aufgabe besteht darin, diesen Tag anzunehmen und ihn im
Licht unseres spirituellen Weges zu betrachten. Unsere Höhere Macht steht
uns dabei zur Seite.
Ich bete darum, diesem Programm treu zu bleiben.
Ich will Abkürzungen vermeiden und zulassen, daß meine Spiritualität wächst
und sich vertieft.
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8. Juni
Komm, meine Liebe, singe! Laß mich hören, wie du dein Lied singst
zur Freude und Erbauung, denn ich, dein Schöpfer, bin in Wahrheit allen
Geschöpfen untertan.
Mechtild von Magdeburg
Genesung ohne Freude und Verspieltheit ist keine vollkommene Genesung.
Die Schönheit der Musik erfreut die Seele. Sie ist ein Ausdruck des Schöpfers.
Vielen Menschen verhilft sie zur Meditation und zu einem bewußten Kontakt
zu ihrer Höheren Macht. Wenn wir das Schöpferische in einem Musikstück
erleben, indem wir uns ganz in die Musik versenken, verlassen wir den
Alltag und begeben uns in die Welt der Kreativität. Manche Menschen wenden
dagegen ein: "Wie kann ich mich an etwas freuen, wo ich doch weiß, wieviel
Leid und Kummer es überall auf der Welt gibt!"
Auch wir haben getrauert und tun es noch. Trauer und Freude gehören zusammen.
Wir brauchen aber nicht unsere ganze Energie für das Schmerzhafte und
Traurige zu verwenden. Das Leben hat ebenso viele schöne Seiten. Musik
und Tanz sind Ausdruck dieser Freude. Auch eine enge Freundschaft bereichert
unser Leben und stärkt uns für unseren Weg.
Preise den Schöpfer für alles, was er uns gegeben hat!
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9. Juni
Meiner Meinung nach ist die Vorstellung der romantischen Liebe irrational.
Jedenfalls ist es unmöglich, diesen Anspruch zu erfüllen. Dadurch, daß
die Menschen der Vorstellung von romantischer Liebe nachjagen, zerbrechen
so viele Familien. In Wirklichkeit kann kein Mensch die Zeit der Verliebtheit
festhalten.
Rita Mae Brown
Was uns von den Medien über Liebe und Ehe suggeriert wird, bereitet
uns sehr schlecht auf die Wirklichkeit vor. Wenn wir eine Beziehung eingehen,
sind wir von dem Gefühl der Verzauberung und der Erregung über das Neue
erfüllt. Aber das ist keine Basis für eine lebenslange Bindung. Die "Liebe
auf den ersten Blick" ist keine Garantie für eine Ehe. Viele zweifeln
an der Wahrheit ihrer Liebe, wenn die ersten Schwierigkeiten in ihrer
Beziehung auftauchen. Sie haben das Gefühl, daß sie nicht mehr in ihren
Partner verliebt sind. Eine solide Grundlage für eine dauerhafte Liebe
sind Ehrlichkeit und die Bereitschaft, mit Schwierigkeiten fertig zu werden.
Manche Beziehungen halten dieser neuen Ehrlichkeit nicht stand. Manchmal
wird echte Liebe erst durch unsere Genesung möglich. Dauerhafte Liebe
und wahre Vertrautheit können sich erst entwickeln, wenn wir den anderen
so kennen, wie er in Wirklichkeit ist. Je mehr wir lernen, mit der Realität
umzugehen, um so tiefer wird unsere Bindung an den Menschen, den wir lieben.
Während ich durch dieses Programm reife,
wächst auch meine Fähigkeit zu einer dauerhaften Liebe,
ob ich nun verheiratet oder alleinstehend bin.
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10. Juni
Wenn wir einen guten Tennisspieler beim Spielen beobachten, lernen
wir mehr über Tennis als durch jedes Buch.
W. Timothy Gallwey
In unserem Programm lernt einer vom anderen. Die meisten von uns hätten
lieber allein über ihre Probleme nachgedacht oder Bücher gelesen, in denen
etwas über ihr Problem steht, anstatt um Hilfe zu bitten. Unsere Genesung
fordert von uns, daß wir diese alte Gewohnheit ablegen. Wir können uns
nicht mehr damit aus der Affäre ziehen, daß wir sagen: "Letzte Woche hatte
ich ein paar Probleme, aber ich bin schon damit fertig geworden", oder:
"Ich weiß, was ich zu tun habe ...". Statt dessen müssen wir fragen: "Was
sagst du zu meinem Problem?" oder: "Willst du mit mir über mein Problem
sprechen?" Es ist sehr wichtig, einen Sponsor zu haben, damit wir sehen,
wie ein anderer Mensch das Programm auf sein Leben anwendet. Wir müssen
einen Mann zum Sponsoren wählen, den wir bewundern, der sehr vertraut
mit den Zwölf Schritten ist und selbst ehrlich nach ihnen lebt. Mit ihm
sollten wir auch außerhalb unserer Meetings zusammentreffen.
Wenn wir mit Menschen umgehen, die ernsthaft an ihrer Genesung arbeiten,
lernen wir mehr als durch jede theoretische Auseinandersetzung.
Heute will ich persönlichen Kontakt zu anderen Menschen in unserem
Programm suchen.
(Alle Texte aus: Berührungspunkte. Tägliche Meditationen
für Männer. Hazelden. Heyne.
Siehe
Copyright.)
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