Wann?
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Glauben.
Liebe und Hoffnung.

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Die Welt ist so, wie du sie glaubst.

 

"Wenn es wirklich einen Gott gibt", fuhr ich fort, "dann spielt er gern mit seinen Geschöpfen Verstecken."
Mein Vater lachte, aber ich wußte, daß er mir zustimmte.
"Vielleicht hat es ihm einen Schock versetzt, als er sah, was er da geschaffen hatte", sagte er. "Und dann ist er ganz schnell abgehauen. Du weißt schon - schwer zu sagen, wer den größeren Schrecken bekommen hat, Adam oder der Meister. Ich glaube eigentlich, daß so ein Schöpfungsakt auf beiden Seiten einen gleich großen Schrecken hervorruft. Aber ich finde, er hätte das Meisterwerk wenigstens noch schnell signieren können."
"Signieren?"
"Er hätte seinen Namen in einen Berg einritzen können oder so."
"Du glaubst also doch an Gott?"
"Das habe ich nicht gesagt. Es könnte nur sein, daß er im Himmel sitzt und über uns lacht, weil wir nicht an ihn glauben."
Genau, dachte ich. Darüber hatte er in Hamburg schon mal geredet.
Jetzt fuhr er fort: "Denn selbst wenn er keine Visitenkarte hinterlassen hat, so hat er doch die Welt hinterlassen. Ich finde, das reicht."
Er schwieg eine Weile, dann sagte er: "Einmal haben ein russischer Kosmonaut und ein russischer Gehirnchirurg über das Christentum diskutiert. Der Gehirnchirurg war Christ, der Kosmonaut nicht. 'Ich bin schon oft draußen im Weltraum gewesen', prahlte der Kosmonaut, 'aber ich habe noch keinen Engel gesehen.' Der Gehirnchirurg starrte ihn erst an, dann sagte er: 'Ich habe ziemlich viele kluge Gehirne operiert, aber ich habe noch keinen einzigen Gedanken gesehen.'"

  

© aus: Jostein Gaarder (Autor von Sofies Welt), Das Kartengeheimnis, dtv 1998, S. 176/77

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